Ein «Sitzkreisli» für unsere Politiker!


    Mit spitzer Feder …


    (Bild: zVg)

    Der diesjährige Polit-Herbst lässt nichts anbrennen. Die aktuelle Stimmungslage ist angespannt und es braucht oft bloss einen kleinen Funken, eine kleine Aufmerksamkeit, ein Freudscher Versprecher, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Die Klimajugend, die frech und frisch-fröhlich auf dem Bundesplatz in Bern campiert und biwakiert und dabei illegal und radikal populistisch auf Umwelt-Panik macht – notabene während unser Parlament tagt und das Co2-Gesetz unter Dach und Fach bringt – stösst nicht überall auf Gegenfreude. Die Nachhaltigkeits-Fanatiker, die mit grosser Hartnäckigkeit und Aktivismus das Klima retten wollen, sorgen bei einigen unserer Bundespolitkern für rote Köpfe und bringen sie gar arg aus dem Gleichgewicht. Mit Schimpf und Schande gehen die Damen und Herren im National- und Ständerat nicht nur auf die jugendlichen Gutmenschen los, sondern beleidigen ihre Ratskolleginnen und -kollegen gegenseitig.

    Zugegeben – es ist mehr als ärgerlich, dass die langsame, rot-grüne Berner Stadtregierung äusserst gemächlich und unbeholfen zusieht, wie unsere Demokratie illegal mit Füssen getreten wird – aber noch lange kein Grund sowohl im rechten als auch im linken Lager die Contenance zu verlieren: Es ist wohl unüberhörbar, dass der Ton in der (Schweizer) Politik in den letzten 30 Jahren rauer geworden ist. Ebenso ist es offensichtlich, dass die politische Kommunikation durch politische Polarisierung, Personalisierung und sogenanntes «Negatives Campaining» – also durch das gezielte Schlechtermachen des Gegners – geprägt ist. Die Verrohung scheint zugenommen zu haben und es werden klare Feindbilder geschaffen! Nicht nur die sozialen Medien, auch klassische Medien spielen dabei eine wesentliche Rolle. So empfängt beispielsweise unser Schweizer Fernsehen und Radio die Klimaktivisten mit offenen Armen und bietet ihnen eine grosszügige Plattform für ihre Message. In diesem Zusammenhang frage ich mich: Wo bleiben da Ethik, Korrektheit und Ausgewogenheit meiner Berufskolleginnen und -kollegen? Für objektive und neutrale Berichterstattung – also reine Information – ist es absolut nicht notwendig, die verbalen Ausrutscher unserer Parlamentarierinnen und Parlamentarier in der Tagespresse breit zu treten. Was soll denn das? Fundiertes journalistisches Handwerk sollte zum Ziel haben, sachlich und pragmatisch zu informieren. Mehr müssen Herr und Frau Schweizer nicht wissen – sie sollen ihre eigenen Baustellen bewirtschaften und begrünen! Ein kindisches Spiel, das im Grund genommen nichts bringt und Feindbilder systematisch aufbaut.

    Schauen wir über den grossen Teich – in den USA hat Präsident Donald Trump einen neuen Politstil etabliert: ständig twittern, offensichtlich lügen und seine Gegner verunglimpfen gehört dort an die Tagesordnung. Die letzten öffentlichen Wahlveranstaltungen beweisen es: Zwei alte Männer, die sich dauernd ins Wort fallen und sich im politischen Boxring verbal totprügeln. Brauchen wir ein solches Vorbild? Ein fluchendes, pöbelndes und provozierendes Flittchen Libertas (Liberty) reicht, da braucht es nicht noch eine keifende, tobende und beleidigende Landesmutter Helvetia – einverstanden? Das passt nicht zur stolzen Frau im wallenden Gewand, die Haare stolz zu einem Knoten gebunden sowie Schwert und Schweizer Wappen in den Händen und Identifikationsfigur für die Einheit der Eidgenossenschaft.

    Doch wer eine einigermassen gute Kinderstube erfahren hat, sollte sich mit den Anstandsregeln in unserer Gesellschaft auskennen. Bereits meine kleinen drei- und vierjährigen Neffen können da Vorbild sein. Der klassische Streit im Sandkasten lösen sie ganz einfach mit einem «Sitzkreisli» – mit nachhaltigem Erfolg. Das geht folgendermassen: tief ein- und ausatmen, Mama und Papa tief in die Augen schauen und gut zuhören, sich beruhigen, die Situation möglichst objektiv beurteilen und ganz wichtig, sich dann mit einem Küsschen für das Fehlverhalten entschuldigen. Denn wer macht schon gerne ein «Sitzkreisli» mitten im Verkehrshaus, auf dem Bahnhof oder im Selbstbedienungs-Restaurant der Migros – oder eben auf dem Bundesplatz? Ein solches «Sitzkreisli» würde ich daher auch unseren Politkern empfehlen – dies hilft dem guten Ton im Bundeshaus wieder auf die Sprünge. Für die Entschuldigung reicht in Coronazeiten übrigens auch ein Luftküsschen. Ach ja – Gian und Luuk geben gerne Nachhilfe-Unterricht!

    Herzlichst,
    Ihre Corinne Remund
    Verlagsredaktorin

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